Kategorie-Archiv: Gedenken

Warum erinnern, warum gedenken?

veröffentlicht von Friedrich C. Burschel

Erinnerung ist ein Kampf. Es ist ein entscheidender Kampf um die Deutung eines Ereignisses. Wenn es um die rassistischen Gewaltverbrechen in Deutschland geht, sind Erinnern und Gedenken auch eine Rückforderung, ein Eintreten wenigstens für die Achtung der Würde und Unversehrtheit der Getöteten, wenn dieser Kampf denn zu Lebzeiten schon verloren gegeben werden musste. Sie sind der Versuch, dieses Leben und diesen Tod zurückzufordern, anzuerkennen und aus den Klauen der Missachtung zu befreien. Weiterlesen

„Die sind sich sicher, in dem was sie machen und wie sie die Ereignisse von 1991 bewerten“ – Interview mit pogrom 91 (Teil 2)

veröffentlicht von Alexandra Klei

Nachdem es in Teil 1 des Interviews um den Umgang in Hoyerswerda mit dem Pogrom von 1991 und mit rechter Gewalt ging, sprechen wir im zweiten Teil über die konkreten Ansätze, öffentliche Erinnerung in der Stadt zu gestalten. Im Gespräch: Mathias und Marius von der Initiative pogrom 91. Weiterlesen

„Das einzige Opfer, das man in Hoyerswerda bis heute sieht, ist Hoyerswerda selbst…“ – Interview mit pogrom 91 (Teil 1)

veröffentlicht von Alexandra Klei

Bahnhof Hoyerswerda

Bahnhof Hoyerswerda (Foto: PM Cheung)

Vom 17. bis 23. September 1991 griff ein Mob aus Neonazis mit der Unterstützung von Bürger/innen ein Heim für Asylbewerber/innen und die Unterkünfte sogenannter Vertragsarbeiter/innen an. Die Polizei war weder willens noch in der Lage, sich gegen die Angreifer durchzusetzen und die Belagerungen und Angriffe zu unterbinden. In der Nacht vom 22. zum 23. September begann die zwangsweise Räumung beider Häuser. Nahezu alle Vertragsarbeiter/innen aus Mosambique wurden nach Frankfurt am Main gebracht und abgeschoben, die Asylbewerber/innen in andere Heimen in die Umgebung von Dresden geschafft. 40 von ihnen konnten nach Berlin fliehen. Diesem rassistischen Pogrom folgten zahlreiche weiterer Übergriffe in ost- und in westdeutschen Städten. Ich sprach mit Mathias und Marius* von der Initiative pogrom 91 über den Umgang mit den Ereignissen und die Erinnerung an die Opfer in Hoyerswerda. (* Namen geändert) Weiterlesen

Die Erinnerung an Silvio Meier in Berlin-Friedrichshain

veröffentlicht von Redaktion

Steigt man in Berlin am U-Bahnhof Samariterstraße aus der U5, trifft man am westlichen Ausgang auf eine Tafel mit der Aufschrift „Kein Vergeben! Kein Vergessen! Hier wurde Silvio Meier am 21. November 1992 von Faschisten ermordet“. Die Treppen hoch steht man auf der Frankfurter Allee, im durchsanierten Teil Friedrichshains – Anfang der 1990er ein Zentrum der Berliner Hausbesetzerbewegung. Ein paar Meter weiter zweigt die Mainzer Straße ab, im November 1990 Schauplatz eines mehrtägigen massiven Polizeieinsatzes, mit dem die dortigen Häuser gegen den Widerstand der Besetzer geräumt wurden. Heute ist davon nichts mehr zu erkennen. Auf der andere Seite der Frankfurter Allee ging es bis gestern in die Gabelsbergerstraße. Seit gestern ist sie nach Silvio Meier benannt. In einem offiziellen Akt erhielt die Straße ihren neuen Namen und die Schilder der Silvio-Meier-Straße wurden enthüllt. Er ist Teil und Ergebnis eines erinnerungspolitischen Aktivismus, der sei über 20 Jahren anhält. Weiterlesen

Patinnen und Paten gesucht: „Würdiges Gedenken für alle Todesopfer rechter Gewalt“

veröffentlicht von Mobile Opferberatung Sachsen-Anhalt

Mindestens dreizehn Menschen starben in Sachsen-Anhalt seit 1990 infolge politisch rechts motivierter Gewalttaten: junge Punks, Arbeitsmigranten, Wohnungslose, sozial Randständige, vermeintliche „politische Gegner“ und Menschen mit psychischen und physischen Beeinträchtigungen. Doch lediglich sieben der Getöteten werden in den offiziellen Statistiken als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt. Das öffentliche Gedenken beschränkt sich bislang auf einige wenige Orte. Mit der Kampagne „Würdiges Gedenken für alle Todesopfer rechter Gewalt“ will sich die Mobile Opferberatung für ein öffentliches und nachhaltiges Gedenken in Sachsen-Anhalt einsetzen. Damit sollen auch den oftmals längst vergessenen Opfern Namen, Gesichter und Geschichten zurückgegeben werden. Weiterlesen

„Wir haben unsere Verantwortung angenommen“

veröffentlicht von Anna Brausam

Eberswalde, Erinnerung an die Ermordung Amadeu Antonios, 6.12.2012

Eberswalde, Erinnerung an die Ermordung Amadeu Antonios, 6.12.2012

Es war ein langer Weg für Eberswalde ein würdiges Gedenken an Amadeu Antonio zu finden. 22 Jahre nach dessen Tod ist es der Stadt schließlich gelungen auch die gesellschaftliche Verantwortung für die Folgen dieser rassistischen Tat zu übernehmen. Seit der ersten Stunde unterstützte die Amadeu Antonio Stiftung das Bemühen um eine würdige Erinnerungskultur vor Ort. Weiterlesen

Opfer – Tat – Ort – Gedenken. Mediale Erinnerungsbilder der ‚Hetzjagd von Guben’

veröffentlicht von Alexandra Klei

Guben, Gedenkstein für Farid Guendoul

Guben, Gedenkstein für Farid Guendoul

Jede Berichterstattung benötigt Bildmaterial. Es soll das geschriebene oder gesprochene Wort ergänzen oder wenigstens illustrieren. Es soll die Aufmerksamkeit auf einen Text oder einen Beitrag, bestenfalls aber auf das Ereignis selbst lenken. Es soll Anlass und Auslöser sein, sich mit etwas zu beschäftigen. Mit der ihnen unterstellten Authentizität sollen Fotografien – entgegen allem Wissen um ihre Manipulierbarkeit – die Realität eines Geschehens dokumentieren. Manchen Bildern gelingt es, ikonenhaft mit Ereignissen verknüpft zu werden, scheinbar für sie zu stehen. Dabei sind Fotografien zudem eine Möglichkeit neben anderen, eine Erinnerung zu erzeugen oder zu erhalten. Sie bekommen für diejenigen, die Fotografien herstellen, wie für diejenigen, die sie verwenden, eine Bedeutung. Dabei ergänzen sie andere Medien der Vermittlung, der Auseinandersetzung und der Berichterstattung; bezogen auf rechte Gewalttaten zum Beispiel Gerichtsverfahren, Berichte von Opfern, materiell hergestellte Erinnerungszeichen, Deutungsangebote der Gesellschaft usw. Tatsächliche Abbildungen in diesem Kontext gibt es nur in außerordentlich begrenztem Umfang. Weiterlesen

Dessau, Dresden, Sulzbach – zwischen Erinnerung und Ignoranz

veröffentlicht von Michael Bergmann

Mindestens 182 Menschen wurden seit 1990 in Deutschland von Neonazis getötet. Der Umgang damit ist in den Städten, die es betrifft, sehr unterschiedlich. Er schwankt zwischen der Suche nach den geeigneten Formen der Erinnerung und Ignoranz. Dessau, Dresden und Sulzbach sind drei Orte, die genauso wie Guben von tödlicher rassistischer Gewalt betroffen sind.

Nicht an allen Orten, an denen Neonazis in Deutschland in den letzten 23 Jahren Menschen ermordeten, gibt es Initiativen oder Einzelpersonen die sich mit dem Ereignis auseinandersetzen. Das öffentliche Sprechen über Rassismus und Neonazismus ist in der Bundesrepublik immer nur dann erwünscht, wenn es nicht weh tut. Kommen die deutschen Zustände zu dicht an die eigene Haustür, dann ist die Reaktion oft abwehrend, herunterspielend oder leugnend. Spätestens nach dem Urteilsspruch gegen die Täter_innen ist man bemüht, wieder „Ruhe“ in den Ort zu bringen und davon zu reden, dass sich seit der Tat vieles verändert habe und die damalige Situation mit heute nicht vergleichbar sei. Weiterlesen

Ähnlich, aber anders – Interview zum Gedenken an Mehmet Turgut in Rostock

veröffentlicht von Redaktion

Warum, womit und wie erinnert man an rassistische Gewalttaten und an ihre Opfer? Diese Fragen stehen nicht nur in Guben an. In der letzten Zeit erlebten wir einige Jahrestage: Über zwanzig Jahre sind die Pogrome von Hoyerswerda und Rostock oder der Brandanschlag von Mölln her und auf verschiedene Weise wird mit ihnen umgegangen. Zugleich steigt das zeitgeschichtliche Interesse an diesen Ereignissen. Aktuell wird Gedenken im Zusammenhang mit den Mordanschlägen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) diskutiert: Am 25. Februar 2004 wurde Mehmet Turgut in Rostock-Toitenwinkel durch drei Schüsse der NSU-Attentäter getötet, als er in einem Imbiss arbeitete. Nach dem Ende der Terrorzelle erklärte im April 2012 die Stadt Rostock zusammen mit den sechs anderen Tatort-Städten ihre Verantwortung für ein Gedenken an die Opfer. Auch Initiativen forderten eine Gedenkstele in Toitenwinkel und die Umbenennung des Neudierkower Weges, an dem der Mord geschah, in Mehmet-Turgut-Weg. Die Ortsbeiräte in Dierkow und Toitenwinkel blockierten dieses Vorhaben.

Ein Bericht im ZDF-heute-nacht-Magazin erinnerte uns frappierend an Debatten um einen Gedenkstein in Guben vor 14 Jahren. Wir sprachen deshalb mit Christoph Schützler vom Verein Soziale Bildung in Rostock. SoBi führt in Mecklenburg-Vorpommern landesweit Projekte in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung durch. Der Verein gehört auch zum Bündnis Erinnern! Verantworten! Aufklären!, das am 25. Februar 2013 in Toitenwinkel eine Gedenkkundgebung veranstaltete. Weiterlesen