Fragen an Wolfgang Renner (Bündnis 90/Die Grünen)

veröffentlicht von Redaktion

Wolfgang Renner tritt für Bündnis 90/Die Grünen als Direktkandidat an. Der Leiter des Naturparks Schlaubetal ist unter anderem Mitbegründer des Aktionsbündnisses „klare Spree“. In unserer Umfrage zur Bundestagswahl hat er uns Auskunft gegeben.

Wie und mit welchen Schwerpunkten sind aus Ihrer Sicht Cottbus und Spree-Neiße mit organisierten Neonazis, ausländerfeindlichen Einstellungen sowie Ablehnung demokratischer Institutionen und Ideen konfrontiert?

Organisation und Strukturen der rechten Szene sind beispielsweise in Guben in den letzten Jahren geschrumpft oder sind weniger aktiv. Problematisch ist aber sicherlich die stillschweigende Duldung und Verbreitung latent rechter Gesinnung, die besonders bei „bildungsfernen“ und perspektivlosen jungen Menschen leicht auf fruchtbaren Boden trifft.

Ein Hauptproblem in der Region ist das Umfeld von Sportvereinen vom Kampfsportclub bis zu Energie Cottbus. Hier ist ein schnelleres Einschreiten der Verantwortlichen zwingend nötig!

Mit Demonstrationen und Engagement wie z.B. dem Setzen von Gedenksteinen können Bürger Zeichen setzen. Wichtiger ist jedoch, dass bereits die Politik auf kommunaler Ebene mit gutem Beispiel vorangeht und direkt und deutlich gegen Neonazis aktiv ist.

Worin sehen Sie Ursachen der genannten Phänomene? Wie können demokratische Akteure mit ihnen umgehen?

Rechtsextremismus ist menschenfeindlich. Er ist eine Gefahr für die Demokratie und für Freiheit und Sicherheit von Menschen. Die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit insgesamt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe aller DemokratInnen. Rechtsextreme sind vielerorts bereits tief verankert und teilweise in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Rechtsterroristische Gruppen wie der NSU haben durch ihr Auftreten „Angst-Räume“ geschaffen, in denen Menschen sehr real Einschüchterung und Bedrohung erfahren. Daher brauchen wir zum Beispiel eine starke und dauerhafte Förderung von zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen Rechts: Wir wollen ein Bundesprogramm von mindestens 50 Millionen Euro jährlich für zivilgesellschaftliche Initiativen, mobile Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus und spezifische Opferberatungsstellen und deren dauerhafte Förderung, denn es darf nicht sein, dass diese Projekte jährlich um ihre Existenz kämpfen müssen. Meiner Meinung nach brauchen wir außerdem mehr zivilgesellschaftliche Aussteigerprogramme.

Wenn Sie in der Bundestagswahl 2013 gewählt werden, welche Ideen in Bezug auf eine Auseinandersetzung mit Neonazis, Ausländer- und Demokratiefeindlichkeit wollen Sie umsetzen?

Wir müssen dem Kampf gegen Rechtsextremismus absolute Prioritäten einräumen. Ich kann und werde nicht akzeptieren, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion, Sexualität oder ihres Geschlechts diskriminiert werden. Deutschland braucht eine Integrationspolitik, die die Vielfalt von Lebensrealitäten schätzt.

Als prioritäre Maßnahme wollen wir Grüne die unselige „Extremismusklausel“ von Ministerin Schröder unverzüglich abschaffen: Mit der Klausel werden ausgerechnet Demokratie-Initiativen, die tagtäglich gegen Rechtsextremismus ankämpfen unter Extremismusverdacht gestellt, beim Zugang zu Bundesförderung diskriminiert und bürokratisch gegängelt. Wir dürfen Opfer rechter Gewalt nicht alleine lassen!

Des Weiteren fordern wir Grüne einen Neustart bei den Geheimdiensten: Unser umfassendes Reformpaket sieht vor, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form aufgelöst wird. Ein unabhängiges Institut soll stattdessen mit wissenschaftlichen Mitteln demokratie- und menschenfeindliche Bestrebungen analysieren.

Wie kann Ihres Erachtens in Guben die öffentliche Erinnerung an Farid Guendoul und seinen Tod gestaltet werden? Worin sehen Sie Notwendigkeiten, Potenziale oder Schwierigkeiten einer solchen Erinnerung?

Die Schwierigkeit besteht oft darin, überhaupt Kritik zu ertragen oder gar selbst zu äußern. Dies rührt offenbar aus dem Gespür um die vielfältigen strukturellen Probleme. Analog dazu schließen sich offenbar einige der damals geäußerten Meinung des Bürgermeisters Hübner an, der Vorfall Farid Guendoul würde ihre Stadt „stigmatisieren“ und „anprangern“, was alle Kritiker zu Nestbeschmutzern macht.

Wichtig ist daher, besonders die jüngste, heranwachsende Generation in Schule und Kindergarten darin einzubinden. Notwendig sind außerdem klares Bekenntnis und Haltung der Stadt und anderer kommunaler Akteure.

Die Erinnerung an Farid Guendoul sollte, um ihren Inhalt nicht aus den Augen zu verlieren, nicht ritualisiert werden, sondern lebendig und vielseitig sein.

 

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